Keine falsche Scham – Mit Blasenschwäche den Alltag meistern

01.03.2022
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Das Thema betrifft viele – auch jüngere

Über 10 Millionen Menschen leiden unter einer schwachen Blase. Etwa 10 Prozent der Frauen zwischen 20 und 30 Jahren haben damit zu tun und ein Viertel der 40- bis 50-Jährigen. Häufiges „Müssen“ belastet ihren Alltag zum Teil sehr.

Aber: Mehr als die Hälfte der Betroffenen wagt sich aus Scham nicht zum Arzt. Zudem wissen sie nichts über die guten Heilerfolge – ihr Leiden bleibt unbehandelt. Auch Angst vor einer unangenehmen Untersuchung, Operation oder Medikamenten muss erst einmal niemand haben.

„Doch wenn die Ursache gefunden ist, kann Blasenschwäche sehr gut – und häufig auch schnell – behandelt werden. Dafür muss jedoch der Grund medizinisch abgeklärt werden“, sagt Prof. Dr. Ursula Peschers, Leiterin des Bayerischen Beckenbodenzentrums am Isar Klinikum in München und Mitglied im Expertenrat der Deutschen Kontinenz Gesellschaft.

Arten von Inkontinenz

Blasenschwäche tritt in drei Hauptformen auf, die jeweils eigene Behandlungsmaßnahmen erfordern:

  • Bei Belastungsinkontinenz, sie tritt bei Frauen am häufigsten auf, kommt es bei körperlicher Anstrengung wie Lachen, Husten oder Niesen zu unwillkürlichem Urinverlust.
  • Dranginkontinenz zeigt sich in einem plötzlichen, zwanghaften, überstarken Toilettenzwang.
  • Die Mischform aus Belastungs- und Dranginkontinenz steht an zweiter Stelle in der Häufigkeit.

 Für die Behandlung steht eine große Palette an wirkungsvollen Maßnahmen und Therapien zur Verfügung, die verlorene Lebensqualität wiederherstellen können. Schon kleine Maßnahmen könnten oft viel bringen.

Tipps gegen Blasenschwäche:

Mit den folgenden Tipps, zusammengestellt von der Deutschen Kontinenzgesellschaft, lassen sich akute Beschwerden lindern und eine Blasenschwäche auch vorbeugen.

  • Beckenbodentraining: „Ein gezieltes Beckenbodentraining hilft 50 bis 70 Prozent der Betroffenen“, weiß Prof. Dr. Peschers. „Sehr wichtig ist dabei, dass die Übungen bei ausgebildeten Physiotherapeuten erlernt werden, denn beim Training kann man auch viel falsch machen.“ Eine Verordnung fürs Beckenbodentraining stellt der behandelnde Facharzt aus.
  • Übergewicht vermeiden: Zu viele Pfunde erhöhen nachweislich das Risiko für Kontinenzprobleme. Schon 5 bis 10 Prozent weniger Gewicht kann das Leiden um 50 Prozent mindern – weil das die Blase entlastet.
  • Fitness für die Blase: Nicht dem ersten „Müssen“-Gefühl nachgeben. Hinsetzen hilft. An etwas anderes denken auch. Warten, bis das Drangsignal nachgelassen hat. Das stärkt die Blase.
  • Ausreichend trinken: Empfehlenswert sind 1,5 bis 2 Liter am Tag. Das trainiert den Beckenboden, verdünnt den Urin und beugt Blaseninfektionen vor. Am besten sind Wasser ohne Kohlensäure, verdünnte Säfte, ungesüßte Früchte- und Kräutertees.
  • Sport treiben: Perfekt sind Walken, Radfahren, Yoga und Schwimmen, die keinen Druck auf die Blase bringen und den Beckenboden stärken.
  • Blasenentzündung ausheilen: Häufige Harninfekte gehören zu den größten Risikofaktoren für Inkontinenz. Darum Blasenbeschwerden immer frühzeitig vom Arzt abklären und behandeln lassen.
  • Auf die innere Balance achten: Stress begünstigt eine überaktive Blase. Regelmäßige Erholungspausen im Alltag und Entspannungstechniken helfen, Körper und Seele im Einklang zu halten – das wirkt auch beruhigend auf die Blase.

Hilfsmittel erleichtern den Alltag

Bei einer Inkontinenz können spezielle Produkte genutzt werden, die optimal auf die Schwere des Urinverlusts zugeschnitten sind, erklärt Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns, Fachärztin für Urologie, Bonn. Ob ein Hilfsmittel für eine leichte, mittlere oder schwere Inkontinenz geeignet ist, könne man an der angegebenen Tropfenstärke auf der Verpackung erkennen.

Für Männer und Frauen stünden unterschiedliche Produkte zur Verfügung. Für beide Geschlechter geeignet seien u. a. Hilfsmittel, die wie Unterwäsche getragen werden, sodass man sie beim Wasserlassen einfach an- und ausziehen kann. Darunter fallen auch sogenannte Höschenwindeln, aber auch normale Unterhosen mit eingearbeitetem Nässeschutz. Männer, die nicht so viel Urin verlieren, benutzen gerne Tropfenfänger, erklärt Prof. Dr. Kirschner-Hermanns.

Diese Hilfsmittel können vom Arzt verschrieben werden. Aber kaum ein Arzt habe wirklich einen Überblick über die ganze Breite der Hilfsmittel, erklärt Prof. Dr. Kirschner-Hermanns: „Ich kann aus meiner Erfahrung nur sagen: Wenden Sie sich an spezielle Pflegekräfte und natürlich an das Sanitätshaus Ihrer Wahl.“

Text: © MTD-Verlag 2022